IKAROS

 IKAROS heißt das diesjährige Stück der theaternasen. Es fußt auf dem gleichnamigen Hörspiel des 2001 verstorbenen Thüringer Autors Harald Gerlach, das 1984 aus dem Sendeplan des DDR-Rundfunks genommen und also verboten wurde, und dem 1991 gesendeten Feature "Jetzt flieg ich weiter zur Sonne" von Rainer Schwochow, das eben dieses Verbot thematisiert. Und damit sind die Themenkreise des theaternasen-IKAROS umrissen: Eine Handlungsebene zeigt den bekannten griechischen Mythos mit Minos, Daidalos, Ikaros etc., also das Eingesperrtsein, den Traum von der Freiheit, das Ausbrechen und letztlich das Scheitern des Ikaros. Eine zweite, die erste permanent durchbrechende Ebene bieten die Interview-Kommentare des Autors Gerlach, des Dramaturgen Schwochow und der ehemaligen Abteilungsleiter Schleede und Gugisch, die aus der Perspektive des Jahres 1991 ihre Gedanken zum Verbot des IKAROS von 1984 äußern und so den für die Kunst in der DDR so wesentlichen Mythos IKAROS verknüpfen mit der konkreten Lebenswirklichkeit der Menschen in dem eingemauerten Land DDR. 

Plakat

 Wäre dies alles, was sollte uns der Ikaros - außer vielleicht unter historischem Aspekt - interessieren? Es ist aber nicht alles, denn es stehen Figuren auf der Bühne, deren Situation, das Leben in einer Diktatur, zwar nicht mehr in dieser Form existiert, deren Grundhaltungen aber auch die Grundhaltungen von uns heute sind. Denn auch wir heute wissen sehr genau abzuschätzen, wann es sich lohnt zu kämpfen, ja wann es vielleicht sogar unsere Pflicht ist, uns zu widersetzen, aufzustehen, zu fliegen - wie Ikaros. Wir wissen genau, wann wir lieber ruhig sein, uns zurückziehen, uns wegducken sollten - wie Daidalos. Wir wissen, wo und bei wem wir unsere Machtspielchen spielen können wie Ariadne oder Minos. Wir sind Denker, Aufbegehrende, freie Geister - wie Gerlach. Wir versuchen, für unsere Überzeugungen einzustehen und könnten an den Zeiten manchmal schier verzweifeln - wie Schwochow. Wir finden Entschuldigungen für unser Versagen und richten uns ein in unserem bequemen Opportunismus - wie Schleede. Wir gestehen uns (vielleicht!) ein, Fehler gemacht zu haben - wie Gugisch.

 

Wir haben uns also den selben Fragen zu stellen, die in Gerlachs

IKAROS der DDR gestellt wurden. Auch ohne die DDR, die es

nicht mehr gibt.

 

Spielleiter

Clemens Krause

Besetzung

Simone Wagler als Daidalos
Bastian Baumert als Ikaros
Felix Köppe als Gerlach
Jesse Dean Krug als Minos & Gugisch
Alexander Uth als Bote & Gugisch
Martina Wagler als Schwochow
Karoline Horry als Schwochow
Judith Scheffel als Gugisch
Isabell Göttmann als Gugisch
Elisa Palme als Schleede
Antonia Becker als Gugisch
Sophia Gotzian als Schleede
Nicole Dittmann als Schleede
Anastasia Barg als Ariadne & Gugisch